Nachdem ich letztens Foundation las, habe ich mich noch etwas weiter mit dem Autor Isaac Asimov beschäftigt, Eine recht große Bibliographie hat der Mann. Soviel Bücher und Reihen. Und dabei wollte ich doch eigentlich nur wissen wie man nach Foundation am besten weiterlesen kann.

Schliesslich gibt es noch zwei Sequels. Und dann noch zwei Prequels. Und dann noch die Imperium Bücher, welche wiederum ein Prequel zur Foundation Reihe sind - welche, wie ich zwei Sätze vorher bereits erwähnte, bereits zwei Prequels haben. Und dann gibt es noch die andere große Reihe: Robots. Und diese wurden im nachhinein dann auch mit der Empire/Foundation Reihe verbunden. Rückwirkende Kontinuität heisst das wohl. Oder Retcon wie die coolen Kids sagen.

All dass las ich und meine eigentliche Frage war - was les ich denn jetzt als nächstes? Ich kann ja nicht einfach IRGENDEIN Asimov Buch als nächstes beginnen. Geht ja garnicht.
Also:
Les ich jetzt nach Datum der Veröffentlichung? Also so wie Asismov und alle Leute "damals" die Geschichten auch verfolgt haben?
Oder Chronologisch? Also direkt mit der Robots Reihe beginnen? Und dann Empire. Und dann die Foundation Prequels? Und dann die die Foundation Sequels? Auch dumm. Sind jetzt auch gefühlte 200 Bücher die ich lesen müsste, nur um zu erfahren wie es in der Foundation weiterging.
Oh Mann. Soviele Entscheidungen [1].

The Complete Robot - Isaac Asimov

Also, erstmal der Plan: Ich fange mit Robots an, genauer gesagt der Kurzgeschichtensammlung "The Complete Robot" welche FAST [2] alle Robots Kurzgeschichten Asimovs beinhalten und bekomme so einen groben Überblick über sein Denken und Schreiben und gucke dann wie es weiter geht. Da hier Geschichten aus über 40 Jahren seiner Karriere gesammelt sind, sollte das vermutlich reichen.

Highlights mit ⭐ gekennzeichnet.

Part 1: Some Non-Human Robots

Ein leichter Einstieg direkt aus der Kategorie "Sonstiges"

  • A Boy's Best Friend (1975) - Nett. 2,5 Seiten lang ziemlich "nett". Genau genommen eigentlich auch die Kurzfassung von Robbie, die ich auch ganz nett fand.
  • Sally (1953) ⭐ - Nicht Teil der Asimov Robots Continuity, befolgt keins der Roboter Gesetze und wird zum Ende sehr düster. Diese Story könnte fast schon ein Steven King Frühwerk sein. Schade dass sie so frueh im Buch kommt. Am Ende haette ich eine Geschichte die ausserhalb der "Three Robotic Laws" handelt besser gefallen.
  • Someday (1956) - Unspektakulär.

Part 2: Some Immobile Robots

Geht eigentlich eher um Computer als um Roboter, was Sinn macht, da alle Geschichten in den 70ern entstanden sind. Je groesser der Computer damals, desto klüger. Und in den drei Geschichten geht es um einen sehr klugen Computer. Irgendwie. Das Beste an diesem Part ist, dass er relativ kurz ist. Und ziemlich vergessenswert

  • Point of View (1975) - Meh.
  • Think! (1977) - Mehr Meh.
  • True Love (1977) - When Tinder goes wrong. Unterhaltsam. Und einer der wenigen Stories in diesem Buch aus der Sicht eines Computers/Roboters.

Part 3: Some Metallic Robots

Weg von elektrischen Toastern, Autos und Hunden, endlich mal klassische Roboter. 50er Jahre SciFi Roboter! Besser aber den Hype etwas herunterfahren. Victory Unintentional war grossartig, alles rundherum eher mittel.

  • Robot AL-76 Goes Astray (1941) - Irgendwie Comedy, bloss in unwitzig. Alle Figuren verhalten sich irrational. Und das Ende hat ein riesiges Logikloch.
  • Victory Unintentional (1942) ⭐ - Robots vs. Jovians. Liebe es ja wenn sich ein Autor in Vintage Science Fiction ausserirdisches Leben auf Jupiter, Mars oder sonstigen "nahen" Planeten in unseren Sonnensystem annimmt. Das Mysteriöse war damals noch so nah und unerforscht. Abgesehen davon, war die Story ganz amüsant geschrieben, wenn auch etwas vorhersehbar.
  • Stranger in Paradise (1974) - Halb gelesen und leider die erste Geschichte die ich dann geskippt habe.
  • Light Verse (1973) - Interessant, wirkt wie ein Prototyp der "Bicentennial Man" Geschichte
  • Segregationist (1967) - Die Geschichte war so unspektakulär dass ich 2 Stunden nach dem Lesen nochmal nachschauen musste worum es überhaupt ging.
  • Robbie (1940) - Asimovs Robotererstling. Würde hier aber nicht zuviel erwarten. Ganz nett, aber mehr auch nicht.

Part 4: Some Humanoid Robots

REPLIKANTEN!!!!11111111

  • Lets Get Together (1956) - Irgendwie nett, weil sehr vage. Ein bisschen Cold War Fiktion. Und es scheint, genau wie Sally, ausserhalb der Asimovs Kontinuitität zu spielen. .
  • Mirror Image (1972) - Nicht gelesen, wird nachgeholt, sobald ich Caves of Steel und Naked Sun gelesen habe, da diese Geschichte eine Fortsetzung dieser Bücher scheint. Text hol ich dann vielleicht nach.
  • The Tercentenary Incident (1976) ⭐ - Ein mysteriöses Attentat und seine Folgen. Fand ich sehr interessant, auch im Erzählstil.

Part 5: Powell and Donovan

Ich hab hier die erste und zweite Geschichte angefangen, aber sehr schnell keine Lust auf diese beiden Charaktere gehabt. Und komplett übersprungen. Generell war ich hier nach vielen durchwachsenen Geschichten kurz davor dieses Buch nicht zu beenden.

  • First Law (1956) - ....
  • Rounaround (1942) - ....
  • Reason (1941) - ....
  • Catch That Rabbit (1942) - ....

Part 6: Susan Calvin

Susan Calvin ist eine Robopsychologin und vermutlich die wichtigste Protagonistin in Asimovs Robotik Frühzeit. Ihre Geschichten alleine machen fast 1/3 des Buches aus und auch außerhalb taucht sie gelegentlich auf oder wird erwaehnt. Wie z.B. in Asimovs erster Roboter Geschichte Robbie. Im Vorwort dieses Teils sagt der Autor selber, dass er sehr schnell wusste dass Susan Calvin ein Charakter sein wird mit dem er noch sehr viel Zeit verbringen wird. Und auch bewusst (im Kontext der 50er Jahre) als dominante und emanzipierte Frau dargestellt wurde. Kann ich generell nachvollziehen, denn Susan wird eher als soziophob darstellt in dem Sie Roboter den Menschen vor zieht, und ihre Beweggründe sind nicht immer nachvollziehbar. oder verständlich. Definitiv ein Charakter aus der Grauzone und hat Spass gemacht ihr zu folgen.

  • Liar! (1941) - Eigentlich unterhaltsam gewesen, aber mich stört immer noch dass scheinbar keiner weiß wie Roboter funktionieren, sie eine Blackbox zu sein scheinen. Jedenfalls gab es einen Produktionsfehler und ein Roboter kann jetzt Gedanken lesen. Ist jetzt so. Jedenfalls ein Setup um die Logik des ersten Robotergesetzes ("Keinen Menschen aktiv oder durch Untaetigkeit schaden") um den Faktor "Gefühle verletzen" zu erweitern.
  • Satisfaction Guaranteed (1951) - Ja. war dumm. Am besten skippen.
  • Lenny (1957) - Noch duemmer als die vorherige Geschichte, nur mit noch mehr 50s Sexismus und Chauvinismus.
  • Galley Slave (1957) - Ein Roboter vor Gericht. Hatte gute Ansätze, war am Ende dann aber doch etwas enttäuschend.
  • Little Lost Robot (1947) - Falls sich noch wer an den Film I, Robot von vor vielen Jahren erinnert, der Film basiert teilweise auf dieser Kurzgeschichte. Witzige Grundidee: Roboter verschwindet weil jemand "Get lost" zu ihm sagt, danach wurde es aber etwas meh.
  • Risk (1955) - Indirekte Fortsetzung von "Little Lost Robot". Indirekt auch belanglos. Einige Dialoge und Entscheidungen schaden hier auch dem Charakter Susan Calvin im nachhinein und war danach weniger sympathisch für mich.
  • Escape (1945) - Ein Mashup. "Powell und Donovan x Susan Calvin". War in Ordnung. Am Ende ging meine Augenbraue etwas nach oben, aber wurde gut unterhalten.
  • Evidence (1946) ⭐ - Nach Tercentenary Incident die zweite Story die Roboter und Politik mischt (wobei diese zuerst geschrieben wurde). Ein Politiker unterstellt einem Rivalen dass er ein Roboter ist und Susan soll es nachvollziehbar klarstellen, und zwar mithilfe der drei Robotergesetze. Und hier wird es lustig. Wenn sich jemand genau an diese drei Robotergesetze hält ist man entweder ein Roboter, oder einfach ein guter Mensch.
  • The Evitable Conflict (1950) ⭐ - Indirekte Fortsetzung zu Evidence. Die Weltwirtschaft und Produktion wird mit vier Maschinen gesteuert, welche Daten aus einer der vier Weltregionen berechnen und die Prozesse dementsprechend steuern. Jetzt gibt es eine steigende Fehlerquote, eine seltsame "Humanistenliga" und der Verdacht der Sabotage. Susan Calvin interviewt jetzt Ansprechpartner aus allen vier Regionen und versucht den Knoten zu lueften. Vielleicht die zweitbeste Geschichte im ganzen Buch, Calvins Schlussfolgerung trifft den Nagel auf dem Kopf und alles macht innerhalb der Asimov Welt Sinn. Toll.
  • Feminine Intuition (1969) - Susan wird nach einem Problem was viel zu viel Setup hatte aus ihrem Ruhestand geholt und löst das Problem in 20 Minuten. Ja. ok.

Part 7: Two Climaxes

Als ich Part 5 uebersprungen habe, wollte ich eigentlich aufgeben. Ich dachte mir dass "The Bicentennial Man" noch gelesen werden kann, einer der wenigen Kurzgeschichten von Asimov die man irgendwie "schonmal von gehoert hat", und dann gehts ab ins Regal. Mit einem Verriss bereits im Hinterkopf. War nichts, Bicentenial Man war grossartig und schliesst rueckblickend viele Geschichten ab, geht noch etwas auf die Lore der Asimov Robotikwelt ein und war auch so einfach mal spannend grossartig. Ein Level dass ich mir vorher schon irgendwie erhofft habe.
Laut Asimovs Vortwort zu diesem Teil sind dies die beiden Geschichten die Asimov urspruenglich vermeiden wollte. Sogenannte "Robot as Pathos" und "Robot as a Menace" Geschichten.

  • ...That Thou Art Mindful of Him (1974) - ⭐ Gemeine kleine Geschichte die sich sehr stark mit den drei Robotergesetzen beschäftigt, genauer wie diese ausgehebelt werden können.
  • The Bicentennial Man (1976) ⭐ - Das Highlight dieses Buches, laut Asimov selber auch seine beste Robotergeschichte. Im Kontext dieses Buches kann ich bestätigen. Oberflächlich geht es um Roboter der ein starkes Bewusstseit entwickelt und nach Menschlichkeit strebt. Dahinter geht es um Humanismus, Gleichberechtigung und die Frage was uns Menschlich macht. Später hat Asimov diese Geschichte unter den Namen The Positronic Man nochmal als Roman ausgebaut, welcher dann auch 1999 mit Robin Williams, wieder, unter dem Titel Bicentennial Man (Deutsch: Der 200 Jahre Mann) verfilmt wurde.

Das wars. Wir sind durch. Mit dem Buch, als auch geistig. Wie Asimov sich bei seinem Lesern am Ende bedankt dass diese bis zum Ende durchgehalten haben, muss ich mich wohl jetzt bei meinem Hirn bedanken dass es durch soviele qualitative Ups and Downs navigieren konnte.

Wenn ich eins gelernt habe, dann dass ich absehbare Zeit vermutlich erstmal keine Kurzgeschichtensammlung mehr anpacken möchte. Eine Kurzgeschichte gelegentlich ist ja ganz nett. Ein kleiner Snack, ohne viel Tiefgang. Dreissig Kurzgeschichten am Stück sind Overkill für mich.
Ich hasse es wenn ich mich nicht an Charaktere und Settings gewöhnen kann, es kaum Charakterentwicklung gibt und diverse Plottwists bereits ab Seite 1 erkennbar sind. Und dann wurde das Buch gegen Ende einfach mal viel besser.

Mit Susan Calvin gab es eine halbwegs spannende Figur, allmählich wurde ein roter Faden sichtbar der sich durch (fast) alle Geschichten zieht und es baut sich eine gewisse Lore über die Welt auf. Und Bicentennial Man war ein super Abschluss.

Aber ich bin mir nicht sicher ob es dass wert war sich durch soviele qualitativ schwankende Geschichten zu arbeiten. Falls also jemand vor demselben initialen Problem der Unentschlossenheit steht wie ich und nicht weiss wie er die Asimov Bücher angehen soll, mein Rat: Ja, man kann mit The Complete Robot beginnen, aber es ist keine Schande nur die guten Stories zu lesen.
Nichts von Interesse ist verloren wenn man die anderen Stories überspringt.
Jedenfalls ist das meine aktuelle Sicht, ich werde diesen Beitrag vielleicht nochmal anpassen wenn ich mich an die Hauptbücher der Robots Reihe herangetastet habe, welche wie immer bereits hier im Regal stehen.


  1. Und Nein, dieser Gedankengang ist nicht ausgedacht und entspricht mehr oder weniger genau meinem Hirn. Sowas stresst mich auf sehr vielen Ebenen. Trauriger Emoji ↩︎

  2. Vor diesem Band gab es zwei andere Sammlungen, zum einen "I, Robot" und "The Rest of the Robots". Dieses Buch vereint diese beiden, lässt aber Verbindungsstories aus I, Robot weg. Ausserdem fehlen noch die Geschichten die geschrieben wurden, nachdem es publiziert wurde. Macht Sinn. ↩︎