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"Vollgepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen, hinein ins Weekend-Feeling"

Venomous Lumpsucker - Ned Beauman

Venomous Lumpsucker

Zugegeben, dies ist eines der Bücher, die ich gekauft habe, weil ich das Cover irgendwie ansprechend fand. Der Titel, zusammen mit der vagen Anmutung eines fremdartigen Blobwesens, hatte etwas. Nach den ersten 100 Seiten war ich auch sehr dabei, dieses Buch zu mögen, aber nun, nach dem Ende, kommt die Ernüchterung.

In erster Linie ist Venomous Lumpsucker eine Mischung aus Umweltthriller, Science Fiction und Dystopie. Es handelt von einer deprimierten Bio-Wissenschaftlerin, einem skrupellosen Lobbyisten, der sich verzockt hat, und einer Welt, in der das menschengemachte Artensterben alltäglich geworden ist.

Achtung Spoiler – Wer sich nur für meine Meinung interessiert: Eine Geschichte mit vielen guten Ideen und Entwicklungen, die gar nicht so unwahrscheinlich sind, leider zusammengehalten von einer sich ziehenden Rahmenhandlung und sehr unsympathischen Figuren.

Was ich mochte, war, dass das Buch viele gute Ideen hat, wie z.B.:

SPOILER!

  • Aussterbende Tierarten werden mit Extinction-Credits bezahlt, sehr analog zu den heutigen CO2-Zertifikaten. Wer eine Tierart auslöscht, zahlt einen Credit; wenn diese auch noch „intelligent“ war, sind es 13 Credits.
  • Firmen können sich greenwashen, indem sie an anderer Stelle Tierarten „retten“.
  • Medikamente, die Essen für „Foodies“ erträglich machen.
  • Das Vereinigte Königreich hat sich so weit abgeschottet, dass es inzwischen nur noch als Hermit's Kingdom bekannt ist.
  • Die USA existieren zwar, aber etwas scheint passiert zu sein, das allein das Erwähnen des Landes zu einem gesellschaftlichen Tabuthema macht, was zu peinlichem Schweigen führt.
  • Die AfD wird kurz erwähnt und macht genau das, was man von einer AfD erwarten würde [1]
  • Es gibt einen exzentrischen Tech-Milliardär, der obskure Ansichten verbreitet, Anhänger des Akzelerationismus ist und dennoch seine blind folgenden Anhänger hat, die alles verteidigen, relativieren und abfeiern, was er macht und sagt. Kommt mir bekannt vor.
  • Eine Pilzsorte, die sich gegen Gesichtserkennungs-Algorithmen wehrt.
  • Eine künstliche Meerstadt, in der Wissenschaftler munter Gen-Experimente durchführen.

Und mehr…

Venomous Lumpsucker - Backcover

Aber dann die Kehrseite:

  • Eine der Hauptfiguren ist ungefähr auf einem Sympathielevel mit Patrick Bateman aus American Psycho.
  • Die andere Hauptfigur ist einfach blass.
  • Das Buch nutzt die Rahmenhandlung größtenteils, um Aspekte der Welt zu erläutern. Die Figuren gehen irgendwohin, und der Autor verbringt dann die meiste Zeit mit Exposition und Hintergrundgeschichten. Die Figuren fühlen sich nur als Mittel zum Zweck an, Storyvehikel, die von einem Plotpoint zum nächsten reisen, ohne irgendwie etwas beizutragen.

Gegen Ende des Buches war ich eher genervt.

Schade.

Aber das Cover ist schick. Immerhin.


  1. Schon seltsam, in einem internationalen Buch auf einmal eine Erwähnung dieser Partei zu lesen. Und erleichternd, dass die Wahrnehmung auch hier als populistischer Haufen extrem rechter Gedanken erkannt wird. ↩︎